Montag, 11. Januar 2010

Die UBS, die Finma, der Fall Marcos und das Bankgeheimnis

Am 24. März 1986, abends um halb sechs, klingelt das Telefon bei Daniel Zuberbühler, damals Direktor der Eidgenössischen Bankenkommission, der heutigen Finma. Am andern Ende der Leitung: Die Schweizerische Kreditanstalt (heute: Credit Suisse). Sie verpfeift einen ihrer besten Kunden: Ferdinand Marcos, Ex-Diktator der Philippinen, wolle via einen Mittelsmann sein Vermögen abziehen. Diese Transaktion werde am nächsten Morgen stattfinden. Die Bank könne sie nicht verhindern. Es sei denn, «Bern» würde ihr das verbieten.

Zuberbühler reagiert: Er informiert den Bundesrat. Im Wissen, dass ein internationaler Skandal droht. Ein global geächteter Diktator, der sich auf der Flucht vor seinem eigenen, revoltierenden Volk befindet, zieht von seinem geheimen Schweizer Konto Millionen ab...

Diese Aussicht löst vor allem im Bundesamt für auswärtige Angelegenheiten fieberhafte Diskussionen aus. Sein Vorsteher, der damalige Bundesrat Pierre Aubert, trifft gerade Mauno Koivisto - der damalige finnische Präsident ist auf Staatsbesuch. Zwischen dem Empfang in der Wandelhalle im Bundeshaus und dem Nachtessen informiert Aubert den damaligen Bundespräsidenten Alphons Egli und beantragt eine vorsorgliche Blockierung der Marcos-Konten. Um 20 Uhr, als sich die rund 200 Gäste des Koivisto-Staatsbesuchs in der Halle des Berner Rathauses zum Dinner versammeln, ruft Alphons Egli seine sechs Bundesratskollegen zur Seite. Im Stehen segnet der Bundesrat eine Präsidialverfugung ab, unter Berufung auf Art. 102, Ziffer 8 der Bundesverfassung: Der Bundesrat «wahrt die Interessen der Eidgenossenschaft nach aussen, wie namentlich ihrer völkerrechtlichen Beziehungen, und besorgt die auswärtigen Angelegenheiten überhaupt».

Die Sperre der Marcos-Konten wird noch am selben Abend der SKA, den übrigen vier Grossbanken und der Genfer Banque Paribas telefonisch eröffnet.

So lief das damals ab: Und genau so hätte Eugen Haltliner, der heutige Chef der heutigen Finma, im Fall UBS reagieren müssen. Nicht die Bank allein darf über den Bruch des Bankgeheimnisses entscheiden. Auch nicht die Bankenaufsicht. Sondern der Bundesrat via Notrecht.In normalen Zeiten klappt das, wie diese Geschichte vom 24. März 1986 zeigt.

PS: Im Nachgang fordert der Bundesrat die Nachfolgeregierung von Ferdinand Marcos unter Corazon Aquino offiziell auf, ein ordentliches Rechtshilfeverfahren einzuleiten. Zu diesem Zweck nimmt sich die Regierung Aquino drei prominente Antwälte in der Schweiz. Einer davon: Moritz Leuenberger, der heute als Bundesrat im Fall UBS/USA zusammen mit Bundespräsident Merz so grandios versagt hat.

Keine Kommentare: