Freitag, 26. Dezember 2008

Ein anderes Gedicht

Es läuten die Glocken: Bim-bam-bim-bam;
es sausen die Autos über den Damm;
die Kirche reckt ihren Turm zum Himmel
und macht Reklame mit ihrem Gebimmel.
Sie wirbt für den christlichen Gedanken -
aber drum herum die Häuser der Banken
sind eine Etage höher.

Wenn zu New York die Börse kocht,
dann beten die frommen Pfaffen:
dass keiner werde eingelocht,
dass sie alle Geld erraffen.
Aber wie sie auch beten in brausendem Chor:
die Banken ragen zum Himmel empor
eine Etage höher.

Und es beten die Pfaffen nach alter Art
gegen sündige Teufelsgedanken.
Das Kirchenvermögen liegt wohlverwahrt
nebenan, nebenan in den Banken.

Wer regiert die Welt - ? Hier kann man das sehn.
Um alle Kirchen die Banken stehn
eine Etage höher.

Kurt Tucholskv, 1930

Echt

Nationalökonomie ist, wenn die Leute sich wundern, warum sie kein Geld haben. Das hat mehrere Gründe, die feinsten sind die wissenschaftlichen Gründe (...) Über die ältere Nationalökonomie kann man ja nur lachen und dürfen wir selbe daher mit Stillschweigen übergehn. Sie regierte von 715 vor Christo bis zum Jahre 1 nach Marx. Seitdem ist die Frage völlig gelöst: die Leute haben zwar immer noch kein Geld, wissen aber wenigstens, warum.


Kurt Tucholsky

Dienstag, 23. Dezember 2008

Ein Gedicht

Wenn die Börsenkurse fallen
regt sich Kummer fast bei allen,
aber manche blühen auf:
Ihr Rezept heisst Leerverkauf.

Keck verhökern diese Knaben
Dinge, die sie gar nicht haben. (....)

Leichter noch bei solchen Taten
tun sie sich mit Derivaten:
Wenn Papier den Wert frisiert,
wird die Wirkung potenziert.

Wenn in Folge Banken krachen,
haben Sparer nichts zu lachen, (....)

triffts hingegen grosse Banken
kommt die ganze Welt ins Wanken -
auch die Spekulantenbrut
zittert jetzt mit Hab und Gut!

Soll man das System gefährden?
Da muss eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat,
die Verluste kauft der Staat.

(...) Für die Zechen dieser Frechen
hat der Kleine Mann zu blechen
und - das ist das Feine ja -
nicht nur in Amerika!

Kurt Tucholsky, 1930

Freitag, 19. Dezember 2008

Raus aus der Falle

Hier noch fünf Argumente zu Gunsten einer Steuergutschrift in Höhe von tausend Franken für jede einzelne Person in der Schweiz:

1. Es darf eine einmalige Aktion bleiben.

2. DSie sorgt für Aufsehen - weil alle Leute den Geldsegen direkt zu spüren bekommen.

3. Die Leute können selber und kurzfristig entscheiden, was sie mit dem geschenkten Geld tun - der Staat würde nicht anhaltend aufgebläht.

4. Die Aktion ist sozial verträglich: Alle Steuerzahler bekommen pro Kopf genau gleich viel. Selbst Millionäre bekommen einen Tausender bar auf die Hand. Bei Steuergutschriften gilt das alte Prinzip der AHV: Die Reichen brauchen zwar eigentlich keine AHV-Rente , aber die AHV braucht die Reichen, die auf ihren hohen Einkommen unbegrenzt Abgaben zahlen.

Genau gleich bei Steuergutschriften: Reiche brauchen die Steuergutschriften nicht, aber der Staat braucht Reiche, die Steuern zahlen.

5. Es wäre ein Dankeschön an alle Steuerzahler, die ungefragt das Rettungspaket für die UBS mitfinanzieren müssen.
-

Donnerstag, 18. Dezember 2008

In der Falle, Teil 4

Könnten wir uns in der Schweiz eine einmalige Steuergutschrift von tausend Franken, ausbezahlt an jede Person, vom Greis bis zum Baby, überhaupt leisten?

Kosten würde dieser Spass 7,5 Milliarden Franken. Angesichts der Tatsache, dass die Schweizer Volkswirtschaft in letzter Zeit stark gewachsen ist, entsprechen 7,5 Milliarden ziemlich genau 1,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Das ist in etwa das Quantum, das die EU-Kommission ihren Mitgliedländern empfiehlt: Ein Fiskalprogramm in Höhe von 1,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts, damit die EU-Länder gemeinsam die Krise meistern, wovon via Exportindustrie übrigens auch wir Schweizerinnen und Schweizer profitieren würden.

Falls die Schweiz mit den hier vorgeschlagenen einmaligen Steuergutschriften gleichzieht, müsste sich der Staat das nötige Kleingeld zuerst beschaffen. Das wäre in diesen Tagen günstig. Die Eidgenossenschaft kann sich auf zehn Jahre hinaus verschulden, zu Kosten von lächerlichen zwei Prozent Zins im Jahr.

Wir stecken in einigen Fallen. Aber nicht in der Schuldenfalle.

Fortsetzung folgt

Mittwoch, 17. Dezember 2008

In der Falle, Folge 3

Was dürfen wir uns, wie gestern vorgeschlagen, von einer Steuergutschrift in Höhe von tausend Franken pro Person erhoffen?


Etwas mehr Konsum. Aber dieser Zuwachs käme nicht unbedingt der Schweizer Industrie zu Nutze. Ebenso gut können die Produzenten in China, Indien, Deutschland, Frankreich oder in den USA profitieren. Womit der Schweizer Exportindustrie, die immerhin jeden zweiten Franken unseres Bruttoinlandprodukts erzielt, kein bisschen geholfen wäre. In diesen Tagen jedoch bricht offenbar die Exportnachfrage ein, mal abgesehen vom Wintertourismus in der Schweiz. Falls die Exportnachfrage tatsächlich einbricht, machen wir uns unsere Sorgen zu Recht.

Mein Fazit: Die Schweiz steckt heute nicht nur in der Liquiditätsfalle (eine zusätzlich expansive Geldpolitik nützt nichts mehr). Als kleine offene Volkswirtschaft steckt die Schweiz zudem in der Globalisierungsfalle (eine zustäzlich expansive Fiskalpolitik nützt auch nichts mehr).

Anders gesagt: Im Aufschwung ist die Schweiz dank der Globalisierung übermässig gewachsen. Im Abschwung läuft das nun umgekehrt.

Fortsetzung folgt

In der Liquiditätsfalle

Zur Zeit stecken wir, um mit Lord Keynes zu sprechen, in der klassischen „Liquiditätsfalle“. Die Staaten versuchen weltweit, die Konjunktur anzukurbeln. Das haben sie mittels Geldpolitik getan. Sie haben es so weit getan, so weit es geht. Die Zinsen sinken bereits weltweit gegen null, weiter nach unten geht nicht.

Davon profitiere sogar ich kleiner Schuldner, Der Zins für meine Hypothek, die sich am Libor in Schweizer Franken richtet, sinkt diesen Monat auf 1,1 Prozent. Viel tiefer ist nicht möglich.

Somit wird klar: Wollen die Staaten die Konjunktur trotzdem ankurbeln , müssen sie zu andern Mitteln greifen.Zur Fiskalpolitik. Sie müssen selber Geld ausgeben, indem sie Bahnprojekte vorziehen, Kurzarbeitsprogramme in Unternehmen fördern, also Dinge tun, wie es die Volkswirtschaftsministerinnen Rita Fuhrer und Doris Leuthard prüfen. Selbstverständlich könnte der Staat auch Steuern senken, zum Beispiel für Familien, wie es die CVP vorschlägt. Oder gar Gutschriften verteilen, wie man das aus den USA kennt. Für die Schweiz würde ich vorschlagen: eine einmalige Steuergutschrift in Höhe von 1000 Franken pro Person, vom Greis bis zum neu geborenen Baby. Das wäre zwar ein klassisches Giesskannensystem, das aber immerhin den Vorteil hätte, dass es jede einzelne Person, sogar jedes einzelne Kind zu spüren bekäme.

Fortsetzung folgt

Dienstag, 16. Dezember 2008

In der Falle

Als Blogger bist Du ausgestellt. Man sieht zwar nicht, wo Du bist. Aber man sieht, sobald Du ein paar Tage nicht mehr bloggst, dass du an andere Dinge denkst. Tja.

Aber Hauptsache, es geht mir gut. Und nicht nur mir, uns allen geht es eigentlich ganz gut, zumindest im laufenden 2008 noch. Unsere Einkommen sind eher gestiegen. Alle zusammen haben wir, wenn die Experten im Staatssekretariat für Wirtschaft Recht behalten, das Bruttoinlandprodukt um 1,9 Prozent gesteigert. Das ist, verglichen mit den 90er Jahren, eine formidable Leistung.

Fortsetzung folgt.

Donnerstag, 11. Dezember 2008

Am Tag danach

Ueli ist Bundesrat. Ansonsten geht alles weiter wie bisher. Es gibt eine linke Oppositionspartei, eine rechte Oppositionspartei, und beide tun so, als ob sie halb drinnen, halb draussen wären. Wovon sie beide profitieren. Während die zwei Parteien in der Mitte dieses Spielchen nicht nur mit sich spielen lassen – sondern akttiv mitspielen.

Meine Prognose: Beim nächsten Mal wird die SP wieder einmal nicht mit ihrem Wunschkandidaten Nr. 1 durchkommen. Aber mit einer Art Nummer 2. Worüber die SVPler dann zusammen mit den Freisinnigen jubeln werden.

Dienstag, 9. Dezember 2008

Am Tag davor

Je länger das Theater geht, umso stärker bin ich für die freie Volkswahl des Bundesrats.


Wäre ich morgen National- oder Ständerat, würde ich wohl Ueli Maurer wählen. Und zwar allein aus staatspolitischer Vernunft. Aber nicht , weil ich Ueli Maurer für den "Besten" oder gar den "Fähigsten" hielte.

Dieser Widerspruch zeigt , wie schizophren die heutige indirekte Wahl ist. Ich kleiner Blogger habe Ueli Maurer im Kanton Zürich nicht in den Regierungsrat und danach nicht in den Ständerat gewählt. Das war völlig egal, das hat auch niemanden interessiert.

Und genau so soll es sein: Wir alle sollen diejenige Person in den Bundesrat wählen dürfen, die wir wählen oder eben nicht wählen wollen - ohne Rücksichtnahme auf die staatspolitische Vernunft oder andere hehre Werte.