Samstag, 13. Februar 2016

Negative Zinsen sind für Banken auch positiv

Warum? Weil unsere Banken im einheimischen Hypothekar-Geschäft noch nie so hohe Margen eingefahren  haben wie heute mit Libor-Hypotheken.

Rechne: minus 0,7 Prozent Libor-Zins + 1 Prozent Marge = 1,7 Prozent effektiver Gewinn.

Merke: Auch wenn der Kunde nur ein Prozentchen  zahlt, verdient die Bank umso mehr. Verrückte Zeiten!

Dienstag, 2. Februar 2016

Markus Notter, Oberdada - ein Gespräch



Was haben Sie heute vor, Markus Notter?

Am Abend stehe ich auf der Bühne im Casino-Theater von Winterthur. Es wird ein "kurtweiliger Liederabend" rund um den deutschen Komponisten Kurt Weill. Ich spiele den Conferencier. Dabei darf ich rauchen, das war meine Bedingung. "Nimm doch die Pfeife aus dem Mund, du Hund", heisst es in Weills berühmtem Lied "Surabaya Johnny". Ich mag Kurt Weill. Ich bin Pfeifenraucher. Das passt.

Dürfen wir Ihren Auftritt als dadaistische Aktion eines Altregierungsrats verstehen? Schliesslich sind Sie Präsident von "100 Jahre Dada".

Selbstverständlich  werde ich neben der Pfeife auch das Wort „Dada“in den Mund nehmen. Kurt Weill wird 1900 in Dessau geboren, wird vom 1. Weltkrieg geprägt , während 1916 in Zürich Dada auf die Welt kommt. Man darf nicht vergessen: Ein Weltkrieg tobt, das erste industriell geführte Blutvergiessen. Auf diesen Wahnsinn reagiert bei uns eine Gruppe von Exil-Künstlern mit Vorstellungen im Cabaret Voltaire an der Spiegelgasse 1.

Also ist Dada eine todernste Sache?

So total absurd die Wirklichkeit war, so total absurd konterte die Kunst. Im Schrecken beginnt man plötzlich zu lachen, das ist Galgenhumor. Die herrschende Unvernunft wird mit der eigenen Unvernunft bekämpft. Man nimmt sich selber auf die Schippe, wenn man sich verabschiedet mit den Worten „Es lebe Dada, Dada, Dada.“

In heutigen Ohren klingt das Gaga.

 Im Ausland höre ich anderes. Das Cabaret Voltaire gehöre zu Zürich wie der Eiffelturm zu Paris. Globale Marken-Forscher erhalten auf die Frage „Was kennen Sie von Zürich?“ die Antwort „Dada“. Und heute morgen lese ich in der Lokalzeitung, dass einige Lokalpolitiker dem Cabaret Voltaire 150'000 Franken für den jährlichen Betrieb nicht gewähren wollen.



Was war die letzte echte Dada-Aktion hier in Zürich? Der Hafenkran?

So habe ich diese Intervention verstanden und diese auch unterstützt. Zum Glück war der politische Protest dagegen so laut. Denn ohne einen solchen Widerstand wäre der Zürcher Hafenkran ins Leere gelaufen. Sogar jetzt, da er längst abgerissen ist, reden wir immer noch von diesem Kran. Er hat uns nachhaltig den Blick geöffnet.

Nieder mit den Alpen, freie Sicht aufs Mittelmeer“, forderte die 80er Jugendbewegung mit Krawall und viel Fantasie. War das auch Dada?

Sicher hat sich die damalige Jugend inspirieren lassen. Schon optisch erinnerte die Zeitung „Eisbrecher“ an alte Traktate der Dada-Bewegung mit einzeln ausgeschnittenen und neu aneinander gereihten Buchstaben.

1980 waren Sie zwanzig. Haben Sie aktiv mitgemacht?

Ich besuchte ein paar Vollversammlungen, war aber nur ein einziges Mal so richtig beteiligt: bei einer Theater-Vorstellung im 4er Tram. Einer packte den Eispickel aus, und ich als Jus-Student spielte den Ordnungshüter. Prompt rückte die richtige Polizei an und verhaftete die ganze Theatergruppe – ausser mich. Ein Volltreffer. Damit hat der Staat unser absurdes Theater gegen den Staat ad absurdum geführt.

Mit dreissig wurden Sie Stadtpräsident von Dietikon, mit 35 Regierungsrat im Kanton Zürich. Wie haben Sie sich in so jungen Jahren in derart hohe Ämter eingelebt?

Das geht ganz schnell. Man übernimmt schon am ersten Arbeitstag einen Terminkalender, der auf ein Jahr hinaus jeden Tag ausgebucht ist. Man wird da ziemlich fremdgesteuert.

bbald regierten Sie dann allerdings nach Ihrer eigenen Agenda. Wie geht das?

Man muss erkennen, was wichtig ist und sich auf dieses Wichtige konzentrieren. Dafür muss man sich die nötige Zeit nehmen. Die entscheidenden Akten sollte jeder Chef selber studiert haben.

Und nach Ihrem Rücktritt war Ihre Agenda von einem Tag auf den anderen leer?

Schön wärs. Ich müsste lernen Nein zu sagen, ich erhalte so viele Anfragen. Beim Dada-Jubiäum jedoch hat man für eifnmal nicht gross überreden müssen. Mir ist diese gebrochene, ironische Kunst sympathisch, ich spiele gern den Oberdada. Vor allem weil dieses Amt einen grossen Vorteil hat: es gibt ein Ende. Anfang Februar 2017 ist ist das Dada-Jubiläumsjahr vorbei.

Was täten Sie, wenn Ihnen anschliessend zwei Jahre geschenkt würden?


Ein Buch schreiben. Über irgend etwas Staatsphilosophisches. Dazu habe ich mir bereits ein paar Gedanken notiert.

Das Gespräch fand am 28. Januar statt und wurde (teilweise) in der neuen  "Schweizer Familie" gedruckt