Freitag, 29. August 2008

Politisch korrekt Geld Verlieren

Neulich klagte mir eine Frau: Sie habe ein kleines Vermögen geerbt, verwaltet vom UBS Wealth Management , was hohe Gebühren koste, wenig Rendite einbringe und wohl den Raubbau an unserem Planeten fördere

Was habe ich dieser Frau geraten?

Sie solle die Sache selber in die Hand nehmen und Acht geben, dass die Bankiers wenigstens auf die Umwelt
Acht geben. Dazu braucht man keinen Vermögensverwalter, solche Fonds findet man unter Titeln wie Green Fonds oder Nachhaltigkeitsfonds selber.

Die Reiffeisen-Gruppe zum Beispiel bietet eine ganze Palette an, wobei Futura Swiss Stocks in letzter Zeit sogar vorzügliche Renditen erzielt hat. Wer geografisch stärker diversifizieren will, wähle Futura Global Stock. Dieser Fonds ist in letzter Zeit schlechter gelaufen, hat also, wie Vermögensverwalter sagen würden, "Aufholpotenzial". Wer sein Geld politisch ganz korrekt anlegen will, dem empfehle ich einen neuen Fonds der ZKB, der vom WWF kontrolliert wird.


Sicher ist, dass man so oder so, ob mit UBS oder ohne UBS, ob mit WWF oder ohne WWF, sowohl Geld verlieren als auch Geld gewinnen kann. Aber es gibt Leute, die schlafen ruhiger , wenn sie wissen, dass ihr Geld nicht in Kinderarbeit, nicht in Atomkraft, nicht in die Waffenproduktion und nicht in Gentechnologien fliesst.

Mittwoch, 27. August 2008

Politisch korrekt Limonade trinken


Lebensmittel kaufe ich gewöhnlich bei der Ex-Libris-Mutter Migros. Meist sind sie billig, oft gut. Zuerst schaue ich immer aufs Eticket: Gibt's eine Bio-Variante, wähle ich diese.

Gestern stand ich durstig vor dem Getränkeregal. Ich sah eine Pet-Flasche Limo mit einer frisch geschnittenen Orange auf dem Bild. Dazu das gelb-grüne Bio-Label mit dem Titel "Limo" und dem Zusatz "Orange/Ingwer". Etwas kleiner gedruckt: "mit natürlichem Orangen-Ingwer-Aroma".

Ganz klein gedruckt steht, was wirklich aus Bio-Produktion stammt: Invertzuckersirup, Zucker, Gerstenmalzextrakt, färbendes Holundersaftkonzentrat.

Ist das ein typischer Fall von Etikettentschwindel?

Im Gegenteil. Auf der Etikette ist lückenlos notiert, was drin und was Bio ist . Die frischen Orangen nämlich , die fotografisch auf der Etikette abgebildet sind, können gar nicht aus Bio-Produktion stammen. Schliesslich hat es gar keine Orangen drin.

Aber die Limo schmeckt hervorragend!

Dienstag, 26. August 2008

Politisch korrekt Bücher kaufen


Heute unterbreite ich allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs ein Sonderangebot für das neue neue, phantastische Buch des Echtzeit Verlags. Praktisch so billig wie bei Ex Libris, günstiger als in manchen andern Buchhandlungen, inkl. Lieferung und Verpackung.Leute, die dieses Angebot nutzen, handeln sogar politisch korret. Sie fördern weder Grosshändler, Kleinhändler noch Zwischenhändler. Sie zahlen ihr Geld denjenigen, die das "Kulturgut Buch" herstellen:dem Buchverlag. Direkt.

Ex Libris oder Marianne Sax?

Marianne Sax, Präsidentin der Schweizer Buchhändler, freut sich, dass eine Kommission des Nationalrats die Aufhebung der Buchpreisbindung kurz nach Einführung doch noch verhindern will.

Nun bin ich in dieser Frage Partei: Ich führe zusammen mit den beiden Basler Art Direktoren Wendelin Hess und Beat Müller den Buchverlag Echtzeit. Wir haben von der Aufhebung der Buchpreisbindung bisher wenig gespürt, auf jeden Fall nichts Nachteiliges. Statt eines fixen Buchpreises empfehlen wir nun einen Ladenpreis, an den sich gewisse Händler halten, andere nicht.

Resultat: Ex Libris verkauft unsere Bücher etwas billiger als Marianne Sax, die in Frauenfeld einen Buchladen führt. Für uns jedoch macht es keinen Unterschied, ob die grosse Ex Libris oder die kleine Frau Sax unsere Bücher verkauft- wir erhalten von beiden gleich wenig: exakt 46,5 Prozent des von uns empfohlenen Ladenpreises. Der grössere Rest verschwindet beim Auslieferer, beim Barsrortiment oder eben beim Buchhändler, der Buchhändlerin.

Gretchenfrage: Gerät das "Kulturgut Buch" in Gefahr, wenn Ex Libris mit billigeren Preisen dafür sorgt, dass in der Schweiz insgesamt mehr Bücher verkauft werden?

Mittwoch, 20. August 2008

Gruss aus Iseltwald



Niemand sieht, von wo aus ich eine E-Mail versende oder meinen Blog schreibe. Wir sind Nomaden im Netz: Mal hier, mal dort, drahtlos angeschlossen an die Welt, immer und überall.

Zur Zeit bin ich ich in einem Fischerdorf im Berner Oberland am Brienzersee, in dem noch ein einziger Fischer lebt. Und der fischt die Felchen nicht mehr aus dem Brienzersee, sondern aus dem See weiter unten: dem Thunersee.

Schön ruhig hier, mal abgesehen vom Höllenlärm, den die Kampfjets der Schweizer Armee veranstalten. Aber sonst: idyllisch.

Jeden Vormittag gehe ich für eine halbe, maximal eine Stunde in eine lauschige Gartenbeiz direkt am Brienzersee, in dem es bald keine Fische mehr gibt. Selbst wenn es nieselt wie heute, setze ich mich für eine halbe, maximal eine Stunde unter die Bäume. Warum?

Weil es in dieser Gartenbeiz ein Wireless Lan gibt.

Auf diese Weise habe ich erkannt. Es genügt vollends , wenn man eine halbe, maximal eine Stunde online ist. Man kann die übrige offline arbeiten. Im schlimmsten Fall verstreichen dann 48 Stunden , bis man reagiert. So viel Bedenkzeit darf sein, so viel Bedenkzeit muss sein. Unanständig wird es erst, wenn man sich wochen- oder monatelang ausklinkt.

Montag, 11. August 2008

Heilig, unheilig, scheinheilig

Von FDP-Präsident Fulvio Pelli bis zu Oberlehrer Adolf Muschg: alle reden von "unheiligen" Allianzen, welche die angeblich hehren Schweizer "Institutionen" angreifen.

Was ist konkret zu befürchten?

Nichts. Politik wird zum Glück nicht in der Kirche gemacht. sondern in Parlamenten, Regierungen, Volksabstimmungen. Man formuliert Ziele, versucht, diese Ziele zu erreichen - indem man die jeweils nötigen Mehrheiten schafft. Ob diese Mehrheiten durch "heilige" oder "unheilige" Allianzen zu Stande kommen, ist - man entschuldige den Ausdruck - "scheissegal".

Erstes Beispiel: die real leider immer noch existierende Schweizer Armee. Würde diese endlich abgeschafft, könnte der Staat abspecken und eine zum Glück sinnlos gewordene Milliarden-Ausgabe streichen. Müsste die Schweizer Wirtschaft keine weiteren jungen Männer mehr gratis zur Verfügung stellen, damit diese in der Armee einen sinnlos gewordenen Dienst leisten.

Zweites Beispiel: Die radikale Vereinfachung der Mehrwertsteuer. Offensichtlich bildet sich auch hier eine "unheilige" Opposition von SP & SVP.Aber das ist noch kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Finanzminister Hans Rudolf Merz muss einfach andere Verbündete angehen: etwa den Wirtschaftsverband Economiesuisse, Ökonomieprofessoren oder gar die Eidg. Treuhandkammer.Mit welcher Koalition Merz die Mehrheit schafft, ist - schon wieder- "scheissegal".

Dasselbe beim dritten Beispiel: bei der einseitigen Einführung des "Cassis-de-Dijon-Prinzips" mit der EU. Diesmal tritt die SVP zusammen mit schutzbedürftigen einheimischen Produzenten, an. Nur: Dagegen hilft das "Duschen mit Doris"-Prinzip. Findet Doris Leuthard die richtigen Partner , wird sie die Abstimmung gewinnen, da bin ich mir ziemlich sicher, Schliesslich werden wir Konsumentinnen und Konsumenten - also wie alle - von fallenden Preisen profitieren.

Summa summarum sehe ich für die Schweiz drei kleine Schritte zu Reformen, die zusammen einen gewaltigen Wachstumsschub auslösen werden:

1. die längst fällige Abschaffung der Schweizer Armee
2. die einseitige Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips mit der EU
3. die radikale Vereinfachung der Mehrwertsteuer â la Merz.

Nun gilt es , die Gunst der Stunde zu nutzen, für eine jede diese drei Reformschritte eine "heilige" oder auch "unheilige" Allianzzu schmieden und damit die nötigen Mehrheiten zu schaffen.

Freitag, 8. August 2008

Der Economist-Index


Ein Big Mac von Mac Donalds ist ein Big Mac von Mac Donalds. Überall auf der Welt. Aber er kostet nicht überall gleich viel. Darum publiziert die Zeitschrift Economist regelmässig den Big-Mac-Index. Resultat. Viel teurer als in den USA ist ein Big Mac in der Schweiz. Noch teurer ist ein Big Mac nur in Norwegen und Schweden.


Geämss der ökonomischen Theorie der Kaufkraftparität sollte der Wechselkurs dafür sorgen, dass gleiche Güter umgerechnet etwa gleich teuer sind. NGemäss Big Mac-Index wäre der Schweizer Franken gegenüber dem Dollar gegenwärtig um 78 Prozent überbewertet.

Das gleiche Spiel liesse sich mit der Zeitschrift Economist selber treiben. Ein Economist ist ein Economist. Überall auf der Welt erscheint er in der selben Sprache (englisch), überall mit den gleichen Fotos, den gleichen Artikeln, den gleichen Inseraten. Aber er ist nicht überall gleich teuer.

Umgerechnedt in Schweizer Franken kostet eine Ausgabe

der Euro-Zone der EU: SFr. 8.46

in Schweden: SFr. 8.67

in Norwegen: SFr. 9.97

in der Schweiz: SFr. 10.00

Noch teurer als in der Schweiz ist ein Economist in Teschechien: SFr. 10,05

Sind die überhöhten Schweizer Preise ein Fall für den Eidg. Preisüberwacher? Kaum. Viel eher wäre es ein Fall für die Wettbewerbskommission. Der freie Schweizer Kiosk-Markt wird bekanntlich beherrscht von einer grossen Firmengruppe: der Valora Holding. Sie kann offensichtlich hohe Margen realisieren.

Disclaimer: Alle Zahlen ohne Gewähr. Umrechnungen gemäss Online-Dienst


Dienstag, 5. August 2008

Was wäre, wenn?



Was wäre, wenn ich den Wettbewerb des NZZ-FOLIO gewänne?

Es wäre der Beweis, dass es echte Chancengleichheit nicht gibt. Dieser Wettbewerb wurde ausgeschrieben für alle – für die unzähligen Sonntagsschreiber und Montagsblogger im Land. Damit sie eine Chance haben, auch einmal in einem edlen Magazin abgedruckt zu werden.


Ich hingegen bin ein Profi, der es früher einmal geschafft hat, drei, vier Artikel im NZZ-FOLIO zu platzieren.- Warum ich jetzt trotzdem an diesem Wettbewerb teilnehme? Zu therapeutischen Zwecken. Ich habe zwei Hirnschläge erlitten und einen epileptischen Anfall. So etwas passiert schnell, so etwas kann jedem passieren. Hat man Glück wie ich, erwacht man aus dem Koma und ist ein neuer Mensch, der lernt: Der Mensch ist lernfähig. Und muss er etwas zum zweiten Mal lernen, geht es sogar schneller als beim ersten Mal. Es gibt zweite, dritte, vierte Chancen.



"Übung macht den Meister", diktierte mir die Therapeutin vor neun Monaten. Ich kam mir vor wie im Seniorenkurs zum SMS-Schreiben. Aber inzwischen klappt der Umgang mit Worten, ob schriftlich oder mündlich, recht gut. Schwieriger ist es mit Zahlen. Ganz schwierig wird es, wenn die Zahlen neben Linien stehen. Muss ich einer Linie, aus der ein loser Knoten wird, mit dem Kugelschreiber hinterher fahren, verliere ich den Faden. Aber ich übe. Noch bin ich zu 100 Prozent arbeitsunfähig, doch voller Zuversicht, dass ich bald wieder ganz normale Artikel veröffentlichen werde. Und sei es nur zum Beweis, dass es keine echte Chancengleichheit gibt im Rahmen des "Was-wäre-wenn?"-Leserwettbewerbs im NZZ FOLIO.