Samstag, 31. Mai 2008

Rauchzeichen im Bundeshaus

Gestern versprach Finanzminister Hans Rudolf Merz , er wolle von nun an jährlich über alle Bundessubventionen Bericht erstatten. die insgesamt immerhin 29'800 Millionen Franken kosten. Pro Jahr. Davon könne man einige sparen, ohne dass jemand etwas merke.

Konkret will Merz 100 Millionen streichen. Pro Jahr.

Leider ist das alter Tabak - angesichts der Tatsache, dass in der Schweiz selbst der Anbau des neuen Tabaks staatlich subventioniert wird.
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Als Kaspar Villiger noch Finanzminister war, präsentierte er ebenfalls einen jährlichen Subventionsbericht. Darin drohte er ebenfalls mit dem Rotstift, mindestens rhetorisch. Um dann Jahr für Jahr die Summe, die er einzusparen gedenke, zu reduzieren.

1997 rechnete Villiger noch mit einem Spareffekt von „mehreren hundert Millionen Franken pro Jahr“. Dann reduzierte er seine Hoffnungen auf „180 Millionen Franken, einzusparen ab 2002“. Als das Jahr 2002 tatsächlich kam, sprach Villiger von „längerfristig 100 Millionen Sparpotenzial “ .

Gestern begannVilligers Nachfolger Merz, nahdem er einige Jahre im Amt gesessen hatte, wieder von vorn. Bei 100 Millionen.

Ob er wohl zuerst die Subventionen zur Förderung des Tabakanbaus streicht? Es wäre keine schlechte Idee.

Die Schweiz eignet sich klimatisch nicht für Tabak. Pflanzen die einheimischen Bauern trotzdem Tabak , rauben sie den Bauern in der Dritten Welt ihre Einkommen, welche die staatl. geförderte Entwicklungshilfe wieder zu kompensieren hat. Gleichzeitig warnt der Bund uns alle vor dem Konsum des Tabaks, wie auf jedem Päckli in immer grösserer Schrift nachzulesen ist. Logischerweise födert der Bund die Prävention mit laufend neuen Werbekampgagnen. Und zu guter Letzt lebt der Bund von einigen hundert Millionen Franken Tabaksteuern, die es jährlich in die SHV spült.

Wenn das nicht schizophren ist, habe ich keinen Hirnschaden.

Freitag, 30. Mai 2008

Wetten auf die UBS

Vor einigen Tagen fragte ich: „Wer wettet auf Tuena?“

Bis heute meldete sich niemand. Weil die Volkswahl bereits am Sonntag stattfindet, ziehe ich meine Wette zurück.

Wie gesagt, würde ich auch darauf wetten, dass Christoph Blocher, gäbe es die Volkswahl für den Bundesrat, nicht zum Bundesrat gewählt würde. Leider gibt es diese Volkswahl nicht, und darum kann ich auch nicht wetten.

Weil ich heute aber trotzdem wieder einmal wetten will, habe ich mir gesagt: Heute setze ich auf ein Pferd, das sich abgekürzt UBS nennt. Und so wie auf einem Rennplatz lasse ich mich von weichen Faktoren leiten. Ich habe einfach das Gefühl, dass die UBS inzwischen das Gröbste überstanden hat. Und orderte via Internet 100 Namenaktien, zum aktuellen Kurs von Fr. 25.30.

Selbstverständlich würde ich niemandem empfehlen, dasselbe zu tun. Ich habe bisher mit Wetten oft gewonnen. Mit Aktienkäufen aber fast immer verloren.

Mittwoch, 28. Mai 2008

Zweizügig freizügig

Wie sich heute im Nationalrat abzeichnet, werden wir Schweizerinnen und Schweizer so frei sein, in zwei Schritten über die Personenfreizügigkeit mit der EU abzustimmen. Das stimmt mich optimistisch.


Denn erstens werden wir grundsätzlich Ja sagen . Zweitens werden wir auch der Erweiterung auf Rumänien und Bulgarien zustimmen. Drittens bin ich mir ziemlich sicher.


Warum?


Weil die Personenfreizügigkeit mit der EU die klügste wirtschaftspolitische Massnahme war, zu welcher sich die Schweiz im letzten Jahrzehnt durchgerungen hat.

Erinnern wir uns kurz an die Stimmung vor zehn Jahren.Alle klagten über die Wachstumkrise und forderten Reformen, welche wir dringend umsetzen sollten, damit wir uns endlich wieder an den Wachstumszug der USA oder der EU anhängen können.


Heute hat der Wind gekehrt. Das Wirtschaftswachstum in der Schweiz ist seit Jahren höher als in den USA und auch höher als in den meisten Ländern der EU. Dieser erfreuliche Trend soll noch einige Zeit weitergehen. In fast allen Studien und Ausblicken wird der Schweizer Volkswirtschaft ein gutes Zeugnis ausgestellt, insbesondere im Vergleich zu den meisten Ländern der EU, ja sogar bezüglich er USA .


Das Groteske ist: Wir stehen heute so gut da, obschon wir bis jetzt von all den vielen Reformen, die angeblich nötig gewesen wäre, keine einzige umgesetzt haben. Die AHV wurde nicht nachhaltig saniert, die Post nicht liberalisiert, der Elektrizitätmarkt nicht geöffnet. Und so weiter und so hoffnungslos.


Eine einzige Ausnahme gab's: Die Schweiz hat ihren Arbeitsmarkt geöffnet. Einseitig.

Sämtliche
Bürgerinnen und Bürger sämtlicher Länder der EU dürfen inzwischen bei uns arbeiten . Mit dem fröhlichen Resultat, dass so viele gut Ausgebildete zu uns ziehen, weil sie für sich und ihre Kinder Aufstiegsmöglichkeiten sehen wie sonst nirgends auf der Welt.


Mehr Leute, die mehr arbeiten wollen, sorgen für mehr Wachstum . So einfach ist das . Man muss nicht Nationalökonomie studiert haben, um zu begreifen, dass das zunehmende Angebot an Arbeitskräften zu einer zunehmenden Produktion im Inland führt, die dank den schnell wachsenden Ländern im Osten und fernen Osten exportiert werden kann. Die Schweiz globalisiert sich, zum Nutzen von uns allen, die hier leben - egal, welchen Pass wir tragen.

Wenn die SVP nun antritt,die volle Freizügigkeit in mindestens einem Zug zu verhindern, so dürfen wir diesen Abstimmungen gelassen entgegen blicken. Eine solch sture Opposition kam beim Volk bis jetzt immer schlecht an.



Sonntag, 25. Mai 2008

Kirchenaustritt

Die evangelische Kirche will kein Hort mehr sein für Freidenker, Rebellen und alleChristen. Statt dessen will die Schaffhauser Sektion einen der ihren ausschliessen, nur weil er die Bundesrätin EWS als eine frei lebenden Tierart bezeichnet hat.

Damit nähert sich die Kiche einer politischen Partei an, welche ihre Bündner Sektion ausschliessen will, nur weil diese nicht bereit ist, die Bundesrätin EWS auszuschliessen.

Auf solche Drohungen reagiere ich als Steuer zahlendes Mitglied der evangelischen Kirche mit einer Gegendrohung : Falls die Schaffhauser Sektion ihre Drohung umsetzt,werde ich mich ausschliessen .

Donnerstag, 22. Mai 2008

Köbis letztes Aufgebot

Ist die Schweiz vielleicht doch ein Feudalstaat?

Wäre sie eine normale Fussballnation wie Spanien, Italien oder Frankreich, würden alle Klassen und Stände, von Taxifahrern über Coiffeusen bis zu den professionellen Sportjournalisten, über Köbi herziehen. Wäre die Schweiz kein Feudalstaat , sondern ein normale Fussballnation, dürften wir alle, Sie und ich, überzeugt sein, wir wären der bessere Nationalcoach .


Der wirkliche Köbi jedoch fährt nach Lyon, um Patrick Müller bei den Reserven der Reserven zu beobachten. Der wirkliche Köbi vertraut dem Old-Boy Häberli und verzichtet auf den Young Boy Stocker, der im Zusammenspiel mit Streller immerhin Tor um Tor und den FCB zum Meister schoss.

Aber wir schweigen still und höflich. Kein Taxifahrer, kein Coiffeur, kein Blogger, ruft aus.


Immerhin meldet sich nun ein Slam-Poet. Bitte hinhören!


Dienstag, 20. Mai 2008

Arme Deutsche, arme Schweizer

Wer in Deutschland weniger als 60 Prozent des Durchschnitts verdient, gilt als arm. Eine Familie mit zwei Kindern, die in der Schweiz weniger als 4650 Franken im Monat verdient, gilt ebenfalls als arm. So gesehen ist es kein Wunder, dass die Armut nirgendwo verschwindet. Nicht in der Schweiz, schon gar nie in Deutschland.

Dabei wird oft vergessen: Der Staat gibt denen, die wenig haben, etwas hinzu, damit diese auf das absolut notwendige Minimum kommen: Sozialhilfe. Dadurch werden die Leute "abhängig", nämlich "abhängig" von der Sozialhilfe, die dafür sorgt, dass eine Zwei-Kind-Familie in der Schweiz auf 4650 Franken im Monat kommt. In der Statistik werden diese Sozialhilfe-"Abhängigen" sofort zu den "Armen" gezählt, obschon sie vom Staat ein Mass Einkommen garantiert erhalten, das überall sonst auf der Welt als "grosszügig" erachtet würde.

Dieses staatlich garantierte Minimaleinkommen von 4650 Franken im Monat für Familien führt dann leider dazu, dass die Sozialhilfe-"Abhängigen" gar nicht mehr arbeiten dürfen, welbst wenn sie wollten. Sie hätten sonst noch weniger Geld im Sack, weil sie auf ihre tiefen Löhne ihre Steuern und auch ihre Krankenkassenprämien (teilweise) selbständig zahlen müssten So sorgt der Staat jederzeit dafür, dass die Sozialhilfe-"Abhängigen" "abhängig" bleiben - und die Zahl der statistischen Armen mindestans konstant hoch bleibt.


Doch das ist noch nicht die volle Wahrheit. Denn der Staat gibt nicht nur, er nimmt zugleich: Steuern, Abgaben, Gebühren. Diese Seite der Medaille wird von Kreisen, die reflexartig solidarisch sind mit Sozialhilfe-"Abhängigen" , regelmässig übersehen. Gerade in Deutshland, wo die ziemlich starke Erhöhung der Mehrwertsteuer ziemlich stark auf die Portemonnaies der kleinen Leute und auch des Mittelstands geschlagen hat.


Anders in der Schweiz: Auch bei uns nimmt der Staat, aber er nimmt zum Glück etwas weniger.Zudem wurden in vielen Kantonen die Steuern ziemlich stark gesenkt, meistens in Form von höheren Abzügen für Doppelverdiener und für Kinder. Eine höchst erfreuliche Politik, welche die Position der kleinen Leute und des Mittelstands ziemlich stark verbessert hat, würde ich behaupten, könnte ich sogar mit Statistiken belegen.


So viel für heute zum Thema Feudalstaat Schweiz.

Samstag, 17. Mai 2008

Btr. "Arena"

Als ich heute morgen in aller Früh' erwachte, lag ich auf dem Sofa im Wohnzimmer bei laufendem Fernseher. Ich war etwas verwirrt. Aber bei welcher Sendung ich eingeschlafen war, wusste ich bald. Dass musste bei der "Arena" gewesen sein, die ich einst fast immer sah und jetzt seit drei Jahren nie mehr.

Aber gestern hatte ich wieder mal dieses Gefühl, etwas zu verpassen.Also schaltete ich den Fernseher ein. Was genau ablief, hatte ich nun bereits wieder vergessen. Ich erinnerte mich nur, dass draussen vor dem Haus ein meteorolgisches Gewitter niedergegangen war, während drinnen in der "Arena" ein politisches Durcheinander herrschte. Hüben wie drüben rechneten sie sich gegenseitig vor, wer wem wie oft ins Wort fiel und wer wann vie viele Sekunden zum Reden kam. Inhaltlich begriff ich immerhin, dass hüben staatspolitische Grundwerte
verteidigt werden, die drüben sträflich übergangen werden.

Ob die neue Oppositionsparte auf die Art und Weise ihre Abstimmungen gewinnt, wird sich zeigen. In der Schweiz hat immer noch das Volk das letzte Wort, auf welche Art und Weise wir einbürgern oder eben nicht einbürgern.

Dann schlich ich mich vom Sofa ins Bett. Ruhig und Zufrieden. Ich hatte meinen Stimmzettel schon vor der Sendung abgeschickt. Und ich kann auf die "Arnena" in Zukunft wieder verzichten.

Mittwoch, 14. Mai 2008

Die Schweiz, ein Feudalstaat?

Historische Vergleiche sind Glücksache. Mörgeli ist vermutlich kein Mengele, Blocher kein Duce. Auch lag Ausschwitz kaum dort, wo Adolf Muschg einmal vermutet hatte („Wenn Ausschwitz in der Schweiz liegt…“


Heute behauptet der Tages-Anzeiger auf seinen Plakaten: „Die Schweiz wird zum Feudalstaat“.

Auch dahinter steckt wohl eher die Verharmlosung eines historischen Begriffs als die Beschreibung einer Wirklichkeit. Fronarbeit zum Beispiel gibt es keine mehr , die Leibeigenschaft ist zum Glück abgeschafft.

Nun war es kein Journalist des Tages-Anzeigers, der die Feudalismus-These erfunden hat. Sie stammt aus einem neuen Buch unter dem Titel „Reichtum ohne Leistung“, das schon durch die Person des Autors seriös sein muss. Es stammt von Hans Kissling, dem ehemaligen Chef des Statistischen Amtes des Kantons Zürich.


Auf dem roten Cover des Buches findet sich eine Krone auf einem weissen Kreuz . Ein König regierte hier meines Wissens nie, aber vielleicht bald ein Fürst.


Der Satz Kisslings, der das ganze Buch zusammenfasst, geht so:


"Die Eidgenossenschaft mutiert zum Fürstentum Schweiz.“


Stimmt das?

Ich bin in dieser Frage Partei. Ich habe vor zwei Jahren ein Buch veröffentlicht, in dem ich einerseits ähnliche Dinge behauptet habe wie Hans Kissling. Nämlich dass die Ungleichheit gross ist, und dass sie wegen der steuerfreien Vererbung sicher nicht kleiner wird. „Erben macht faul“, schrieb ich und forderte, wie Kissling, eine Erbschaftssteuer.

Doch das ist nur ein Nebenschauplatz. Es stehen immer und überall ganz wenige Leute ganz „oben“ – und ganz viele Leute ganz „unten“ . Entscheidend für eine offeneGesellschaft ist die Durchlässigkeit und damit die Frage: ob es genügend Leute von „unten“ nach „oben“ schaffen, und zwar aus eigener Kraft.

Klar ist: Nie werden nie alle unsere Töchter die gleichen Chancen haben wie Blochers Töchter. Aber dass die Armen immer ärmer werden sollen, während die Reichen angeblich immer reicher werden – diesen Kanon hören wir seit vielen Jahren.


Ich zweifle einfach, ob er auch stimmt.

Nun bin ich kein Profi für Statistik wie Hans Kissling einer war. Aber auch ich habe nach Studien und Statistiken gesucht – und ich behaupte, zur gesellschaftlichen Mobilität in der Schweiz ein paar Antworten gefunden zu haben, die ein erstaunliches Bild zeigen, wonach der "Klassenwechsel " nicht nur möglich ist, sondern öfter realisiert wird, als manche faulen Schweizer denken. Und immer öfter finden sich unter den Klassenwechslern türkische und ex-jugoslawischen Immigranten .


Warum ist die Schweiz als Ziel für Einwanderer derart attraktiv und begehrt? – Weil Immigranten für ihre Kinder hier zu Lande Aufstiegeschancen sehen.



Kissling hingegen behauptet, „Bildung“ werde „wieder wie in feudalen Zeiten zu einem exklusiven Gut der Reichen ". Ich halte da fürvoll krass übertrieben. Zur Zeit sind in der Schweiz immerhin 100'000 junge Männer und junge Frauen bildungsmässig „ganz oben“ angekommen. Sie haben weder einen Vater noch eine Mutter, die länger als neun Jahre die Schulbank gedrückt haben – aber diese 100’000 studieren heute trotzdem an einer Schweizer Universität oder einer der beiden ETH’s.

Auch wird die Schweiz, wie vorgestern hier notiert habe, immer mehr zu einem „Volk von Millionären“. Wenn in einem Durchschnittskanton wie dem Aargau bereits jeder vierte verheiratete AHV-Renter mehr als eine Million Franken Vermögen versteuert, so würde ich das nicht als „Feudalismus“ bezeichnen.

Hans Kissling: Reichftum ohne Leistung. Rüegger Verlag.


Markus Schneider: Klassenwechsel. Echtzeit Verlag


Dienstag, 13. Mai 2008

Wer wettet auf Tuena?

Heute will ich mal wieder richtiges Geld verdienen, und also biete ich eine Wette an: Mauro Tuena wird am 1. Juni nicht zum Nachfolger von Monika Stocker in den Zürcher Stadtrat gewählt .Wer vom Gegenteil überzeugt ist, darf gerne antreten.

Ich fühle mich ziemlich sicher.


Fast so sicher wäre ich bei der Frage, ob Christoph Blocher vom Volk zum Bundesratgewählt würde. Er hätte wenig Chancen. Sobald das Volk seine Exekutive direkt wählen darf, kommen moderate Figuren zur Kür, wie zum Beispiel Eveline Widmer-Schlump eine ist.


Schade ist einfach, dass das Volk dazu (noch) nichts zu sagen hat. Fast so schade ist, dass auch Blochers Gegner diese Chance sträflich liegen lassen. Fulvio Pelli und Christophe Dabellay gaben viele mehr oder weniger gescheite Antworten zu ihrer Blocher-Abwahl. Aber eine direkte Volkswahl des Bundesrats forderte bislang keiner. Warum nicht? Nur weil das ursprünglich mal eine SVP-Idee war?

Sogar die SVP selber ist von diesem Thema abgekommen, was doch deutlich zeigt, wohin der Hase läuft: zurück nach Herrliberg.

Montag, 12. Mai 2008

Knüsel liest Bärfuss

Ich habe hier vor wenigen Tagen behauptet, Knüsel lobe Bärfuss, Bärfuss danke Knüsel.

Anlass dazu war ein Artikel im Tages-Anzeiger, in welchem Pius Knüsel, Direktor der Stiftung Pro Helvetia, geschrieben hat:

Lukas Bärfuss hat's mit «100 Tage» vorgemacht - wie unserer Disziplinierung mit grandioser Fantasie zu begegnen ist.

Heute Pfingsmontag lese ich in der Weltwoche, welche Bücher auf dem Nachttisch von Pius Knüsel liegen: Drei, darunter «100 Tage» von Lukas Bärfuss.

Gleichzeitig muss ich an dieser Stelle zugeben: Auch ich habe geschummelt, als hier gelobt habe,Bärfuss' neuer Roman sei «tatsächlich grandios». Dabei kann ich das gar nicht wissen, habe ich doch dieses Buch noch gar nicht ganz gelesen; es liegt auch auf meinem Nachttisch.

Aber diePointe stimmt. Der letzte Satz im neuen Bärfuss, einem Buch, das ich zu lesen hoffentlich bis ans Ende schaffe, lautet :
«Der Autor dankt der Stiftung Pro Helvetia».

Ein Volk von Millionären

Als ich heute morgen in aller Frühe erwacht bin, wusste ich, dass ich gestern Sonntag Abend, bevor ich eingeschlafen bin, mir etwas vorgenommen hatte und heute früh sogleich in diesem Blog veröffentlichen wollte. Aber was war das nur?

Ich fand dann heraus, dass es wohl am besten ist, ich schau kurz nach, was ich hier gestern schrieb. Richtig, ich schrieb über einen Artikel in der SonntagsZeitung über ein Ethik-Manifest von Professoren, das alle Leute, also auch Sie und ich, unterzeichnen können.Sogleich kam mir auch in den Sinn, was ich heute schreiben wollte.

Dass die NZZ am Sonntag nämlich eine Zeitung ist, die man auch noch am Montag lesen kann. So erfährt man Dinge wie, dass es in der Schweiz immer mehr Millionäre gibt. Bereits 22 Prozent der Haushalte verfügen offenbar über eine Nettovermögen von über einer Million, sobald man auch die Guthaben in der 2. und der 3. Säule mit berücksichtigt.

Ich erinnerte mich dann daran, dass ich vor mehr als zwei Jahren in einem Weltwoche-Artikel behauptet hatte, dass die Höhe des Vermögens schlicht und einfach vom Alter abhängt. Je älter die Leute , umso reicher sind sie. Nimmt man die offiziellen Steuerstatistiken aus einem Durchschnittskanton wie dem Aargau, so erfährt man, dass hier jeder vierte verheiratete Über 65 jährige mehr als eine Million Franken Vermögen versteuert. Das ist doch eine schöne breite Verteilung des Reichtums, wenn bereits jeder vierte verheiratete AHV-Rentner mehr als eine Million Vermögen versteuert.

Daraus können wir den fröhlichen Schluss ziehen, dass nicht nur ich das Manifest der Professoren unterzeichnen kann, sondern auch praktisch alle andern. Die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer kümmert sich ja um "gesellschaftsdienliche Wirtschaftsprozesse". In Volksabstimmungen sind wir alle solidarisch und begrüssen konsequent Vorlagen, welche die 1., 2. und 3. Säule weiter und weiter stärken.

Damit löst sich auch das Rätsel der NZZ am Sonntag von gestern, wonach der Anteil der Millionäre in der Schweiz in Zukunft weiter zunehmen wird. Ist doch nur logisch: In Zukunft seigt der Anteil der Ueber-65-jährigen steil an. Parallel dazu wird auch der Anteil der Millionäre steil ansteigen. Das hat dann aber wenig mit Ethik, sondern viel mehr mit Logik zu tun.

Sonntag, 11. Mai 2008

Ethik ist billig

Gemässs SonntagsZeitung von heute kann ich ein Manifest unterzeichnen Es würde mich gar nichts kosten, und ich dürfte mich schon als viel besserer Mensch fühlen, der im Gegensatz zu den nicht besseren Menschen zum Beispiel nicht an den freien Markt glaubt. Statt dessen würde ich anerkennen, dass die gegenwärtigen Krisen im Kern moralische Krisen sind, welche dazu führen, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden. Was die einen verlieren, gewinnen die andern , so einfach ist das, während der Profit in die Säcke der "Hedge Funds" fliesst. "Hedge Funds" isind überhaupt im Begriff, zum "Unwort des Jahres 2008" gewählt zu werden . Im Dezember steht diese Wahl an, und wenn bis dann nicht weitere Millionen von Menschen verhungert wären, so wäre es zum Lachen.



Ich habe das Manifest der Professoren studiert, vom Anfang bis zum Ende und ich bekenne hiermit: ein schönes Wort zum Sonntag. So richtig allgemein und völlig harmlos abgefasst, dass ich es bequem und mit links mit unterzeichnen könnte. Ich müsste nichts tun und vor allem würde ich mich zu gar nichts verpflichten. Ich würde nicht einmal ankündigen, meinen persönlichen CO-2Ausstos in den nächsten zehn Jahren um 20 Prozent reduzieren (was George Bush bekanntlich auch nie täte). Ich würde nicht versprechen, 3 Prozent meines jährlichen Einkommens der Helvetas oder einer andern Entwicklungorganisation zu spenden (wozu die Eidgenossenschaft zwar mit Worten, aber leider nicht mit Taten bereit ist).



Nein, ich würde schlichte Phrasen unterzeichnen, die vielleicht etwas kompliziert abgefasst sind, aber sonst gar nichts bewirken. Sätze wie:

"Wir appellieren an alle Wirtschaftswissenschafter, die Bedeutung von ethischen Prinzipien des zivilisierten Zusammenlebens als Grundlage gesellschaftsdienlicher Wirtschaftsprozesse anzuerkennen, ihnen in den wirtschaftstheoretischen und politischen Ansätzen systematischen Platz zu geben", und so weiter und so fort.



Donnerstag, 8. Mai 2008

Zwinglianischer als Zwingli

Esther Maurer, Zürichs Stadträtin, Lic. Phil. 1, die immer so frisch, fidel, ja lebenslustig in die Welt schaut, ist klug genug, dass es ihr nie in den Sinn käme, das Rausch trinken zu verbieten. Wir wissen doch aus der Geschichte der versuchten Prohibition in den USA, wohin das führt.

Es käme ihr auch nie in den Sinn, die Street Parade in Zürich zu verbieten, Wir wissen doch auch der Geschichte der 1. Mai-Umzüge in Zürich, wohin das führt Am Ende müssen die Behörden die Nachdemo verbieten.

In logischer Konsequenz schlägt sich Esther Maurer nun mit dem Gedanken herum, die Street Parade nicht mehr zu bewilligen. Falls es diesen Sommer deswegen zu unbewilligten Nachparaden mit unkontrolliertem Rauschtrinken kommen sollte, so spielt Esther Maurer dann die oberste Polizistin.

Montag, 5. Mai 2008

Werbtexter Muschg

Gemäss den Zeitungen von heute soll Professor Adolf Muschg unter tosendem Beifall an den Solothurner Literaturtagen gesagt haben: "In jedem Ökonomen steckt auch ein Lyriker.

Das stimmt nicht. Als studierter Ökonom muss ich entgegnen: "In mir steckt leider keiner".

Es steckt übrigens auch nicht in jedem Werbetexter ein Martin Suter.

Sonntag, 4. Mai 2008

Ich bin kein 68er

1968 war ich acht. Als ich an die Uni kam, um Ökonomie zu studieren, war ich neunzehn.

Da hsbe ich ich die68er zugleich bewundert und gehasst, beides aus dem gleichen Grund. Sie redeten immer so gescheit daher, dass ich sie kaum verstand. Sie empfahlen mir Bücher, etwa von Peter Weiss, die ich brav las, aber nicht verstand.

„Mein“ Rudi Dutschke warRolf Niederhauser. Langes Haar, abgewetzte Lederjacke, stand während den Vorlesungen immer lässig an die Wand gelehnt, rief spontan dazwischen, um dann zu längeren Referaten anzusetzen, beginnend mit Adam Smith, verweisend auf David Ricardo,den Basler Dogmengeschichtler Edgar

Salin zitierend, endend mit Karl Marx.

Rolf Niederhauser, ein gelernter Elektromonteur aus Solothurn, wurde später von Peter Bichsel gefördert und selber Schriftsteller. Er schrieb gescheit.

Nun kommen zwei andere 68er, zwei meiner Berufskollegen, Eugen Sorg und Res Strehle. Sie erzählen von damals. Aber sie tun dies in auf eine heitere, anekdotische Art, dass ich sie sogar verstehe.


Warum habe ich die 68er damals benieden, ja bewundert? Weil sie alt genug waren, um bei etwas mit dabei zu sein, wovon ich keine Ahnung hatte. Aber jetzt nachlesen kann.


Eugen Sorg, Res Strehle: „Mein Leben als 68er". Buch bestellen


Samstag, 3. Mai 2008

Steil, steiler, ganz steil

Eine Woche in Iseltwald am Brienzersee. Was gibt's Neues zu berichten? Die Poststelle hat dicht gemacht. Aber darüber klagt niemand. Man kann Briefe und Pakete auch im Dorfladen abgeben oder dort Geld abholen. Die Frau im Lädeli grüsst die jungen Männer besonders freundlich: „Sonst ziehen die auch noch aus.“ Jetzt gibt es Junge, die ziehen sogar zu. Und investieren . Am 1. Mai öffnete Lake Lodge . Eine Mischung aus Bar, Lounge, Biergarten, direkt am Ufer. Guter Sound, Adventure-Angebote. Früher hiess dieses Lokal Alpenruhe.

Zu verkaufen hat die Frau im Lädeli neben Briefmarken ein Basler Brot, das so gut ist, wie man es in der ganzen Stadt Basel kaum findet.

Gebacken wird es von der Bäckerei Feuz in Bönigen , die lokal berühmt ist für ihr Ballenberg Brot . Bönigen bei Ringgenberg wiederum ist berühmt, weil der junge, global berühmte Extrembergsteiger Ueli Steck, noch nicht weggezogen ist.

Blickt man in Iseltwald-Bönigen-Ringgenberg, einer Gegend mit den höchsten Steuertarifen der Schweiz, gen Himmel, wird klar, woher Steck und die andern Jungen ihre Motivation zum Herziehen oderDableiben hernehmen: Man muss klettern gelernt haben, um hier oben heraus zu kommen.