Freitag, 24. Februar 2012

Kranker Markt

Neulich holte ich in der Apotheke meine Medikamente. Als Epileptiker muss ich, um schwere Anfälle zu vermeiden, reichlich Keppra schlucken. Ein Doppelpack (zwei Mal 100 Tabletten à 1000 mg kostet 452 Franken. Das sei ganz schön teuer, meinte ich.



Ja, aber ich hätte Glück, antwortete die Apothekerin. Ich müsse ja nichts zahlen. Wäre ich bei einer andern Krankenkasse versichert, etwa bei Intras, CSS, Assura, Supra, müsste ich für mein Doppelpack die verlangten 452 Franken bar auf den Tisch legen, den Quittungsbeleg samt Arztrezept der Kasse senden, bis das Geld irgendwann zurück erstattet wird. Damit nicht genug: ich müsste das Rezept, da es ein Dauerrezept ist, kopieren, zu Hause aufbewahren, um diese Kopie beim nächsten Bezug wieder der Quittung beilegen zu können.



So etwas nenne ich „Schikanierung“. Davon betroffen sind Krebskranke, die in der Lage sein müssen, für ein Chemotherapeutikum 2000 Franken oder mehr aus dem Portemonnaie zu zücken. Ebenso viel haben Aids-Infizierte für manches HIV-Therapeutikum vorzuschiessen. Oder MS-Patienten.



Die Absicht der Kassen ist klar: Sie wollen ihre teuersten Kunden loswerden. Die Teuersten: das sind Kranke, die „chronisch“ auf kostbare Medikamente angewiesen sind.



Und wie reagieren die Betroffenen, fragte ich meine Apothekerin. „Einige landen auf dem Sozialamt. Oder sie erkundigen sich, wie der Medikamentenbezug bei andern Kassen gehandhabt wird. Dann wechseln sie.“


Kurzfristig geht die Rechnung der Kassen auf. Sie schicken ihre Kranken weg, während sie sich gegenseitig die Gesunden, die Jungen fröhlich abjagen: vom Internet oder bis ins Fitnessstudio. Es herrscht ein „Wettbewerb“, der nicht mehr gesund ist.

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