Freitag, 6. Februar 2015

Das Schweizer Geld ist Gold Wert

Treffen sich drei Wirtschaftsprofessoren, haben sie vier Meinungen, woraus wir normalen Leute einen einzigen Schluss ziehen: dass wir keine Ahnung haben. Aber den gesunden Menschenverstand lassen wir uns nicht nehmen.
Zum Beispiel verstecken wir keine Tausendernoten unter der Matratze – aus Angst vor dem Dieb. Unser Geld bringen wir weiterhin zur Bank, obschon wir null Komma nichts Prozent Zins erhalten. Bald werden wir der Bank zum Dank für die Entgegennahme womöglich einen Extrabonus zuschieben, was Fachleute «negative Zinsen» nennen.
Gleichzeitig pfeifen wir auf die Tausendernoten, mit denen uns die gleichen Banken locken. Das Schul-denmachen ist so lukrativ wie nie. Libor-Hypotheken fürs Haus gibts praktisch zum Nulltarif, Leasing-Gebühren fürs Auto ebenfalls. Doch als Laien wissen wir: Was sich aktuell auf den Finanzmärkten abspielt, ist so aberwitzig wie vergänglich. Das Sparen darf nicht bestraft, das Verschulden darf nicht belohnt werden. Das widerspricht jeglicher Logik und Erfahrung.
Die gegenwärtige Unvernunft ist politisch erwünscht. Die Absicht durchschauen wir wohl: Gibts Kredite praktisch gratis, investieren kluge Unternehmer in neue Produkte und neue Märkte, womit zuerst die Umsätze steigen, dann die Profite und zum schönen Schluss unsere Löhne. Theoretisch.
Praktisch nicht. Die Zentralbanken von Japan bis Amerika, von der EU bis zur Schweiz haben ihre Leitzinsen zwar tiefer gedrückt, als wir uns das je vorstellen konnten: unter null. Leider aber ohne die erhoffte Wirkung. Warum das so ist, hat der grosse britische Ökonom John Maynard Keynes während der Grossen Depression der Dreissigerjahre mit einem schönen Bild umschrieben, das auch wir verstehen: «Man kann die Pferde zum Brunnen führen, aber saufen müssen sie selber.» Mit Pferden sind die Unternehmer gemeint. Wenn sie etwas Gescheites mit dem Gratisgeld anzu­fangen wüssten, würden sie sich darauf stürzen. Aber das tun sie derzeit nicht, in diesem Punkt sind sich die Experten ausnahmsweise einig. Darum wird das viele Geld, das in den Umlauf kommt, anderweitig verbraucht.
Was schliessen wir kleinen Leute daraus? Dass die Finanzkrise, die 2007 ausgebrochen ist, allmählich in die zweite heisse Phase tritt. Dass die Party auf Pump weitergeht, geschmückt mit vielen Ballonen. Aber das erklären uns die Experten erst im Nachhinein, wenn das bunte Aufgeblasene geplatzt ist. Das erste Mal krachte der US-Immobilienmarkt. Welche Märkte diesmal geflutet und künstlich aufgeblasen werden mit dem vielen Geld, mit dem die Zentralbanken die Welt überschwemmt haben, wissen wir ebenso wenig wie die Wirtschafts­professoren.
Doch wir registrieren, wo die Preise letzthin explodiert sind: bei modernen Kunstwerken, alten Bordeauxweinen, luxuriösen Appartements in Genf und Zürich, Aktienkursen der indischen Axis-Bank, einheimischen Briefmarken, US-Dollars und anderen exotischen Anlagekategorien.
Der richtige Kater beginnt erst, wenn die Zinsen drehen – zurück ins Positive. Dann erwachen sogar jene Politiker, die das Gratisgeld erfunden haben – für sich selber. Sschwer verschuldete Nationen wie die USA, Japan, Frankreich oder Spanien sind in den letzten Jahren zu neuem Geld gekommen. Für sie sind Kredite, wenn nicht gratis, so doch unverschämt günstig. Selbst das faktisch bankrotte Griechenland wurde letztes Jahr wieder kreditfähig.
Angesichts der globalen Geldverschleuderung bleibt ein letzter Hafen: die Schweiz. Hier bleiben Politiker so konservativ, wie hiesige Familienunternehmer anständig sind. Sie schmeissen nicht mit Geld um sich, sondern bleiben brav und bieder wie wir kleinen Leute. Wir setzen auf das Haus, wenn wir schon ein eigenes Haus haben. Wir investieren in eine Firma, wenn wir schon eine eigene Firma führen. Wir bauen darauf, was wir mit Händen, Herz und Verstand begreifen. Wir leiten unser Geld dorthin, wo wir uns wohl- und sicher fühlen. Wir rechnen nicht mit theoretischen Renditen. Wir orientieren uns am praktischen Nutzen. Nicht einmal dem Bankberater trauen wir, der unsere Altersvorsorge in ein Aktienpaket verwandeln will. Denn wir wissen: Jede 3a-Säule bei einer Schweizer Bank ist die beste risikofreie Anlage die es gibt – weltweit. Der Zins ist nicht hoch, aber höher als auf dem normalen Sparkonto. Vor allem aber stimmt die Währung.
Spätestens seit dem 15. Januar, als die Nationalbank die fixe Bindung an den schwachen Euro aufkündigte, weiss die ganze Welt: Das Schweizer Geld ist das Gold der Gegenwart. Es rentiert so wenig wie das edle Metall, aber es wird trotzdem immer wertvoller. Weil wir mit Schweizer Franken immer mehr kaufen können. Nicht unbedingt in de Schweiz, dafür im Ausland. Im Internetzeitalter müssen wir für eine Shopping-Tour nicht einmal mehr reisen.
Darum bleiben wir cool. Unsere Stimmung sinkt nicht, bevor unsere Löhne sinken. Wir atmen nicht kurz, bevor wir tatsächlich kurz arbeiten. Denn wir haben lieber den Spatz in der Hand als einen bunten Ballon in der Luft, der jeden Moment platzen kann. Der Spatz - das ist der Schweizer Franken

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