Montag, 20. Oktober 2008

Invers

Pierre, ein alter Kumpel aus dem Journalismus, ruft mich an. Er freue sich, dass ich wieder einmal über "inverse Zinsen" schreibe. Das hätte ich doch früher auch getan. Er habe zwar nie ganz begriffen, was "inverse Zinsen" sind, aber er erinnere sich , dass ich damals nachträglich Recht bekommen habe.

Nun will ich kein Rechthaber sein, aber ich erkläre hiermit: Wenn ich heute ein Haus kaufe, möchte ich die Zinsen, die zur Zeit tief sind, möglichst lange "mitnehmen". Ich schliesse darum eine Festhypothek ab. Bei der Migros-Bank zahle ich für eine zeijährige 3,35 Prozent Zins, für eine zehnjährige 4,4 Prozent. Das ist normal, das ist wie bei einer Versicherung. Ich muss einen Aufpreis zahlen. Dazu bin ich bereit, weil ich dafür die Gerantie erhalte: 4,4 Prozent Zins während zehn Jahren.

Das zeigt: Im nationalen Hypothekarmarkt läuft alles normal. Hier sind die langfristigen Zinsen höher als die kurzfristigen. Anders auf den globalen Geld- und Kapitalmärkten: Dort herrscht ein Ausnahmezustand. Dort sind die kurzfristigen Geldmarktzinsen über die langfristigen Kapitalmarktzinsen hinaus geschossen. Dieses Überschiessen widerspricht der ökonomischen Logik. Dieses Überschiessen ist ein Ausnahmezustand, der nicht ewig andauern kann und auch nicht ewig andauern wird.

Das letze Mal erlebt haben wir einen solchen Ausnahmezustand in den 80er Jahren während der "Ära Lusser". Als Markus Lusser Präsident der Schweizerischen Nationalbank war, habe ich als aktiver Journalist die Quartale abgezählt, während denen die kurzfristigen Geldmarktsätze über die langfristigen Kapitalmarktsätze hinaus schossen. Um zu zeigen: Das muss sich normalisieren, je schneller um so besser.

Leider gibt es einen entscheidenden Unterschied: In der Ära Lusser waren die Zinsen "invers", weil Markus Lusser eine betont restriktive Politik ausprobierte. Er verknappte das Geld, kurzfristig. Daraufhin schossen die kurzfristigen Zinsen hoch, die langfristigen blieben unten. Das konnte geschehen, weil alle Leute wussten: Markus Lusser wird irgendwann, wenn er keine Angst mehr hat vor der Inflation, nachgeben - und seine Zügel lockern.

Heute erleben wir das Gegenteil. Heute sind die Zinsen "invers", weil die heutige Nationalbank eine expansive Poltik ausprobiert. Sie wirft Milliarden von Liquidität auf den Markt, kurzfristig. Trotzdem bleiben die langfristigen Zinsen unten.Das passiert,weil alle Leute ahnen: Bald wird die Nationalbank Angst bekommen: Angst vor der Inflation. Spätestens dann wird sie ihre Zügel anziehen.

Dann aber droht die wahre Krise. Nicht auf den Finanzmärkten, sondern in der Realwirtschaft.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die Krise in der Realwirtschaft droht schon jetzt. Hören Sie sich doch mal um!

Anonym hat gesagt…

Noch ein Grund für höhere Zinsen: Die SNB muss unbedingt die Schwächung des Frankens verhindern beziehungsweise stoppen.

Momentan wird der Franken massiv geschwächt: Bankgeheimnis wertlos geworden, kein Realzins für Guthaben in der Schweiz, Gelddruck zugunsten von UBS und dem übrigen Finanzplatz, Übernahme von 60 Milliarden Franken Risiken aus den USA, und und und.